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„Enshittification“: Warum Plattformen verfallen – und wie Unternehmen darauf reagieren sollten

Die digitale Welt war einmal ein Ort großer Versprechungen – ein offenes Spielfeld für Kreativität, Innovation und faire Chancen. Heute jedoch gleichen viele Plattformen Labyrinthen aus Werbung, algorithmischen Echokammern und inhaltsleeren Platzhaltern. Was einst nutzerfreundlich war, hat sich für viele zur Sackgasse entwickelt.

KI-generierte Inhalte überfluten das Netz, oft ohne Qualitätskontrolle. Das Ergebnis? Eine Flut belangloser, austauschbarer Texte, die das Vertrauen der Nutzer untergraben. Diese schleichende Verschlechterung digitaler Plattformen beschreibt der Autor Cory Doctorow als „Enshittification“ – einen Prozess, bei dem digitale Dienste durch ökonomische Interessen so lange ausgehöhlt werden, bis sie unbrauchbar werden. Dieses Phänomen betrifft nicht nur profitorientierte Plattformen: Auch dezentrale Netzwerke wie Mastodon sind gefährdet, wenn keine bewussten Gegenmaßnahmen greifen. Initiativen wie 'Free Our Feeds' zeigen Alternativen – doch das Problem bleibt systemisch.

Die Mechanik hinter dem Verfall

Das Muster ist überall ähnlich:

  1. Phase – Nutzer gewinnen: Die Plattform lockt mit nützlichen Funktionen und kostenlosen Angeboten. Die Nutzererfahrung steht im Mittelpunkt.

  2. Phase – Monetarisierung starten: Werbung wird integriert, Algorithmen werden angepasst. Organische Reichweiten sinken, bezahlte Inhalte dominieren.

  3. Phase – Maximale Profitausschöpfung: Sowohl Nutzer als auch Werbetreibende werden ausgenommen. Anzeigen werden teurer, die Plattform zunehmend unbrauchbar. Am Ende bleiben nur noch Gewohnheit und Abhängigkeit.

Dieses Muster findet sich bei nahezu allen großen digitalen Plattformen: in sozialen Netzwerken, Suchmaschinen oder im E-Commerce. Das Ergebnis ist immer gleich – sinkende Qualität bei steigenden Kosten

Plattform- und Ökosystemverfall: Zwei Seiten derselben Medaille

James Caridi-Doyle unterscheidet zwischen zwei Formen des digitalen Niedergangs:

Plattformverfall: Der unmittelbare Nutzungsverlust. Eine ehemals hilfreiche Plattform wird zur Hülle ihrer selbst – etwa Google, das vermehrt auf KI-Zusammenfassungen setzt, die häufig fehlerhaft oder irreführend sind.

Ökosystemverfall: Die inhaltliche Verarmung des Internets. Webseiten optimieren nicht mehr für Menschen, sondern für Maschinen. Statt fundierter Artikel dominieren Clickbait und SEO-Texte. Das Web verliert an Tiefe – und Plattformen wie Google leiden letztlich selbst unter der Erosion ihrer Datenbasis.
 

Warum das auch Marken betrifft

Für Unternehmen ist diese Entwicklung hoch relevant. Denn die Plattformwahl sollte nicht allein nach Reichweite oder Finanzierungsmodell erfolgen – sondern nach ihrer Governance und ihrem Beitrag zu einem gesunden digitalen Ökosystem.

Die Folgen:

1. Sinkende organische Reichweite

Ohne Werbebudget geht nichts mehr. „Pay-to-Play“ wird zum Standard.

2. Teurere, ineffektivere Werbung

Anzeigen kosten mehr und erreichen weniger. Nutzer ignorieren sie zunehmend oder blockieren sie ganz.

3. Inhaltsinflation ohne Qualität

Der Content-Markt ist überflutet. Wer auffallen will, muss sich qualitativ deutlich abheben.

4. Vertrauenskrise der Konsumenten

Personalisierte Werbung wirkt oft übergriffig. Das Vertrauen in Marken schwindet.

Strategien gegen den Strudel Was also tun?

Unternehmen, die sich nicht vollständig den Logiken ausbeuterischer Plattformen unterwerfen wollen, sollten folgende Strategien verfolgen:

1. Eigene Kanäle stärken

Websites, Newsletter, geschlossene Communities – direkte Kommunikationswege schaffen Unabhängigkeit.

2. Qualität statt Quantität

Tiefergehende Inhalte mit echtem Mehrwert wirken nachhaltiger als oberflächlicher Massencontent.

3. Datenschutz und Ethik priorisieren

Transparente, respektvolle Kommunikation statt übergriffigem Tracking.

4. Plattform-unabhängige Strategien entwickeln

Diversifizierte Kanäle – online wie offline – verringern die Abhängigkeit.

5. Beziehungen statt Algorithmen

Echtes Engagement und authentische Dialoge schlagen jede Automatisierung.

Fazit: Weniger Anpassung, mehr Eigenständigkeit

Enshittification ist kein Schicksal – sie ist das Resultat unternehmerischer Entscheidungen. Wer sich nicht mitreißen lässt, sondern alternative Wege beschreitet, kann widerstandsfähiger, glaubwürdiger und letztlich erfolgreicher agieren. Die digitale Zukunft gehört denjenigen, die Verantwortung übernehmen – für Inhalte, Beziehungen und Strukturen.

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